Circus
Was unterscheidet Circuspädagogik eigentlich von anderen pädagogischen Inhalten, bzw. was steckt dahinter, wenn Pädagogen und Pädagoginnen mit dem Slogan „Circus macht Kinder stark!“ für Circuspädagogik werben?
Circus bietet sowohl strukturelle Geschlossenheit als auch Offenheit
Zum einen weckt Circus bei jedem und jeder von uns bestimmte Assoziationen. Es erscheinen vor unserem geistigen Auge Bilder von bestimmten Rollen, Requisiten, Musikstücken, die wir insgesamt als Geschlossenheit erfahren. Bei der Planung für ein Circusprojekt muss den Kindern der Inhalt nicht großartig erklärt werden. Trotz dieser Geschlossenheit des Themas ist der Circus aber auch strukturell offen, da er eine große Anzahl von Handlungs- und Spielräumen bietet. Für jeden und jede ist etwas dabei. Diese Komplexität der verschiedensten Mitwirkungsmöglichkeiten gibt es bei einer einzelnen Sportart in der Regel nicht.
Circus verbindet Bewegungskönnen und Darstellungsfähigkeit
Circus fördert soziale und psychische Prozesse. Hier wird die Fähigkeit zur Zusammenarbeit und das Vertrauen in sich selbst und andere gefördert. Circus ermöglicht ein hohes Maß an Körpererfahrung und stärkt die eigene Körperbeherrschung auf verschiedenen Ebenen wie z. B. Koordination und Beherrschung der Schwerkraft, Balancierfähigkeit oder räumliche Orientierungsfähigkeit.
Bewegungskünste leben aber auch davon, vor einem Publikum präsentiert und entsprechend inszeniert zu werden. Kinder und Jugendliche wollen sich darstellen und zeigen, dass sie etwas Besonderes können, was für die Identitätsentwicklung wichtig ist.
Circus ermöglicht Mitarbeit und Möglichkeiten zur Präsentation
Die meisten Kinder und Jugendlichen wollen ihr Können präsentieren, so dass eine geplante Aufführung insgesamt die Motivation verstärken kann. Allerdings kann eine Vorstellung auch zu einem Stressfaktor werden, da für die Präsentation Rollen und Aufgaben vergeben werden und dadurch selektiert wird. Hierbei ist vor allem ein behutsamer Umgang der Pädagogen und Pädagoginnen erforderlich.
Mitarbeit ist auf den verschiedensten Ebenen möglich, so dass jeder sein und jede ihr Talent einbringen kann, z. B. als Artist oder Artistin, in der Kostümschneiderei oder der Technikcrew. Der gegenseitige Respekt im Circus-Team steht dabei im Vordergrund (1).
Circus ist Einheit der Vielfalt
Circus mit Kindern kann man eigentlich immer und überall machen, aber gerade ein Circus auf St. Pauli spiegelt das wieder, was auch diesen Stadtteil ausmacht. Denn so schrill und bunt wie der Stadtteil ist, so unterschiedlich die Menschen sind, die hier leben, so wird auch der Circus geprägt durch die Unterschiedlichkeit der Artisten und Artistinnen und deren Fähigkeiten. Circus war und ist ein Ort mit vielfältigen kulturellen Begegnungen, in dem verschiedene Menschen aus der ganzen Welt mit sehr unterschiedlichen Nummern gemeinsam eine Circusvorstellung gestalten. Und gerade diese Vielfältigkeit erst macht den Circus spannend und lässt die Zeit während der Vorstellung wie im Fluge vergehen. Ein guter Circus ist immer Einheit der Vielfalt (2).
Circus kann man mit allen Sinnen erleben
Circus macht aber nicht nur den Mitwirkenden Spaß, sondern auch dem Publikum. Diese können den Circus mit allen Sinnen erleben: die Musik hören, das Popcorn riechen und schmecken, die Darstellungen der Kinder bewundern, über die Clowns lachen, ins Grübeln geraten über die Tricks beim Zaubern und insgesamt die Aufregung der kleinen Künstler und Künstlerinnen spüren.
Wir hoffen, dass noch in vielen anderen Einrichtungen Möglichkeiten dazu geschaffen werden und rufen auf: „Macht doch auch so’n Circus!“
Anmerkungen
(1) Michels, Harald (2000) in: Zirkuslust, Zirkus macht Kinder stark und ist mehr..., Zur kulturpädagogischen Aktualität einer Zirkuspädagogik. Schnapp, Sybille/Zacharias, Wolfgang (Hrsg.). Unna.
(2) Circus Radieschen (1999). Konzeptmappe. Oldenburg.