Macht doch nicht so’n Circus!
„Macht doch nicht so'n Circus!“ Entgegen diesem Ausspruch hat Circuspädagogik gerade in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. So wird in Schullehrplänen auf die Bedeutung der circensischen Bewegungskünste hingewiesen und deren Umsetzung empfohlen. In Sportvereinen, bei Projekttagen in Schulen und natürlich auch in der Kinder- und Jugendsozialarbeit ist Circus ein Thema und wird als Medium in der Suchtprävention genutzt.
Ein Kindercircus auf St. Pauli
Schon seit 1991 wird von der GWA St. Pauli-Süd im Herbst eine Circuswoche für die Kinder im Stadtteil veranstaltet. Dann können sie in Workshops unterschiedliche Circusdisziplinen kennen lernen und das Geübte am letzten Tag in einer bunten Vorstellung präsentieren.
Seit 2004 bzw. 2005 gibt es zwei feste Kindercircusgruppen, die sich jeweils einmal in der Woche am Nachmittag treffen. An jeder Gruppe nehmen ca. 15 Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis 12 Jahren teil, wobei der Spaß an der Sache und die Freude an den unterschiedlichen Bewegungsmöglichkeiten im Vordergrund stehen.
Darüber hinaus bieten wir im Rahmen der Kooperation mit der Ganztagsschule St. Pauli eine weitere Circusgruppe für 10 Kinder des 3. und 4. Jahrgangs an, die einmal in der Woche für zwei Schulstunden in unseren Räumen stattfindet.
Wir beginnen die Circusproben immer mit gemeinsamen Spielen zum Aufwärmen und gehen dann über zum Jonglieren. Alle Kinder haben dann die Möglichkeit, die unterschiedlichen Jongliermaterialien auszuprobieren. Dann fliegen die Bälle, Keulen, Tücher und Ringe durch die Luft, die Diabolos werden in Schwung gebracht, oder die Teller drehen sich im Kreis. Jedes Kind entscheidet selbst, was es lernen oder üben möchte, wobei nicht die Quantität im Vordergrund steht, sondern die Qualität. Und alle, die es schon mal ausprobiert haben, werden bestätigen können, dass es auch eine Herausforderung sein kann, einen einzigen Ball kunstvoll und auf verschiedene Arten durch die Lüfte zu werfen, ohne dass er den Boden berührt.
Beim Üben sollen sich die Kinder gegenseitig helfen und die Bewegungsabläufe, die sie selber schon beherrschen den anderen zeigen. Sie können sich auch neue Würfe oder Bewegungen überlegen und ausprobieren. Alle sind Profis und können voneinander lernen.
Nach dem offenen Jonglieren machen wir mit der Gruppe zusammen Akrobatik und bauen Menschenpyramiden oder üben Feuerkünste wie Feuerspucken und Fackelwerfen. Inzwischen haben wir uns auch neue Einräder, Rola Bolas, ein Trapez und eine Laufkugel anschaffen können, so dass die Kinder Balance‑Übungen mit verschiedenen Geräten machen können.
Wenn wir noch ausreichend Zeit haben, dürfen alle Kinder am Ende des Nachmittags den anderen zur Musik zeigen, was sie geübt haben. Damit wollen wir das Präsentieren für die Vorstellungen üben und die Lust am Vormachen und an der eigenen Darstellung fördern. Wenn eine konkrete Circusvorstellung bevorsteht, müssen im Vorfeld natürlich auch Plakate gestaltet und Eintrittskarten angefertigt werden. Die Kostüme werden zusammengestellt oder gebastelt, und die passende Musik zu den Nummern wird ausgesucht. „Circus machen“ und „Circus spielen“ gehen in unserer Gruppe ineinander über, so dass wir die Zeit an manchen Nachmittagen auch nur mit Verkleiden, Schminken und Rollenspielen zubringen.